Hast Du den Beat? Nein? Dann Hol ihn Dir!
Genau wie die Intonation, stellt auch die Rhythmik eine nicht zu verachtende Herausforderung dar. Wenn Du denkst, beim Singen Lernen spielt das eine untergeordnete Rolle, dann irrst Du Dich!
Rhythmus ist ein Grundelement der Musik und kann deshalb nicht ernst genug genommen werden. Ob Du Rap magst oder nicht – von Rappern kann man als Sänger viel über Rhythmus lernen. Und so mancher Rapper in der Bronx ist so manchem Sänger oder Dirigenten im klassischen Bereich in Bezug auf rhythmische Genauigkeit himmelhoch überlegen. Auch wenn dieser Rapper vielleicht keine Noten lesen kann.
Startenöre mit der rhythmischen Musikalität von 3-Jährigen?
Ich erwähne im privaten Kreis immer wieder gerne diverse Star-Tenöre mit perfekten Stimmen und perfekter Stimmgebung, die aber rhythmisch die Musikalität von 3-Jährigen haben. Nein, ich sage hier nicht, wen ich meine. Erstens haue ich niemanden öffentlich in die Pfanne, zweitens ist es irrelevant, wer es ist, und drittens habe ich zuviel Respekt vor den sonstigen Fähigkeiten dieser Leute.
Aber schade finde ich es schon, dass niemand jemals das Bewusstsein dieser Sänger auf exakten Rhythmus gelenkt hat. Wenn diese Sänger Arien singen, bei denen das Tempo relativ frei ist, bleibt das Manko unauffällig. Ist aber ein straffer Rhythmus gefragt, wie z.B. bei der Arie “di quella pira” aus “Il Trovatore” oder gar bei einem Pop- oder Jazz-Song, kann es schon peinlich werden. Zumindest zieht sich dann beim rhythmisch sensiblen Menschen innerlich alles zusammen und man stellt sich die Frage, ob der Sänger die Begleitung überhaupt hört.
Orchester-Schlagzeuger vs. Drummer
Auch solltest Du Dich rhythmisch lieber an einem Pop-, Rock- oder Jazz-Drummer orientieren als an einem Orchester-Schlagzeuger. Um Himmels Willen, ich will auf keinen Fall alle Orchester-Schlagzeuger über einen Kamm scheren und es gibt durchaus auch solche, die einen präzisen Beat spielen können, der so richtig “groovt”. 😉
Aber meine Erfahrung deckt sich schon in gewisser Weise mit den Aussagen eines bekannten Filmkomponisten, der mal sagte, er habe noch keinen (!!!) Orchester-Schlagzeuger gefunden, dessen Timing er ertragen konnte, weshalb er zwar echte Streicher engagiere, die Beats dann aber doch lieber programmiere.
Ich erinnere mich unter anderem an einen konkreten Fall, in dem ein Orchester-Schlagzeuger hinter der Bühne einen Band-Schlagzeuger geben musste und ich mich fragte, ob da ein Profi oder ein Schüler aus der sechsten Klasse spielte – so hat das geholpert.
Der Dirigent als Metronom? Nicht immer!
Und auch obwohl Dirigenten in erster Linie die Solo-Sänger, den Chor und das Orchester rhythmisch zusammen halten sollen, gelingt auch das nicht immer so, wie es sollte.
In meiner Vergangenheit gab es ein Beispiel, in dem der Opernchordirektor bei den Chorproben absichtlich unrhythmisch dirigierte, um die Aufmerksamkeit des Chores auf den unrhythmischen Dirigenten zu lenken. Er wollte so vermeiden, dass dann bei der Vorstellung alles aus dem Ruder lief.
Befremdlich auch Situationen, in denen Dirigenten “vormachen”, wie der Rhythmus sein soll und dabei selbst den Rhythmus verlieren, indem sie holpern, schneller oder langsamer werden, obwohl sie eigentlich das Tempo halten wollten.
Bewusstsein ist alles!
Genau wie bei der Intonation, ist auch beim Rhythmus das Bewusstsein der Schlüssel. Fühle immer den Rhythmus, zu dem Du singst. Lernen von rhythmisch besonders begabten Vorbildern. Hast Du mal Michael Jackson in einem TV-Interview seinen Song “Billy Jean” a cappella interpretieren hören? Mit Drums, Bass und Gesang, alles aus seinem Mund? Der Wahnsinn!
Mach Dir den Unterschied bewusst zwischen einem guten und einem schlechten Drummer! Zwischen einen rhythmischen und einem unrhythmischen Sänger.
Wenn Du singst, musst Du immer den Rhythmus in Dir fühlen, bis in die kleinste Auflösung hinein. Nicht nur die ganzen Noten – auch die halben, viertel, sechzehntel, 32-tel. Setze jeden Ton, den Du singst, genau auf das Raster, nicht irgendwo dazwischen.
Guter Trommler!
Sei wie “das Tier” in der Muppet-Show – ich hoffe, Du kennst ihn, äh, es! “Das Tier” ist Rhythmus durch und durch. Genauso musst Du singen. Es kann nichts schaden, wenn Du auch ein bisschen Trommeln lernst.
Auch wenn Deine Hände am Anfang noch nicht so mitspielen – mit der Zeit gibt sich das und Dein ganzer Körper – inklusive Deiner Stimme – wird rhythmischer!
Fazit – get into the Groove!
Lenke Dein Bewusstsein auf alles, was groovt – oder auch nicht groovt – sowohl bei anderen als auch bei Dir selbst. Gestatte Dir selbst kein Holpern, kein Eilen und kein Schleppen, dann wirst Du mit der Zeit immer genauer und mit etwas Glück, Geduld und Talent groovst Du dann wie die Sau! 😉
Was siehst Du die Sache? Hinterlasse mir einen Kommentar!