Aus unterschiedlichen Gründen …

Einerseits gibt es Menschen, die einfach nicht musikalisch genug sind. (Punkt.)
Andererseits gibt es aber auch Menschen, die durchaus musikalisch genug sind, aber aus anderen Gründen scheitern.

Meist betrifft dies Menschen die eine klassische Gesangsausbildung machen.

Da der Fokus hier oft zu sehr auf der Erschließung der Singstimme liegt, geht der Fokus auf das Wesen des Singens verloren. Das Wesen des Singens aber ist “sprechend Musik machen mit der Stimme”.

“Technik” und “Methode”, die Todfeinde des Singens

Vor lauter Technik und Methode geht der natürliche Instinkt für das, was Singen eigentlich ist, verloren. Ich weiß sehr genau, wovon ich spreche, weil ich meinen natürlichen Instinkt mehr als einmal verloren habe:

Als absoluter Anfänger und ohne jede musikalische Vorbildung konnte ich bereits recht passabel in mittlerer bis tiefer Lage singen. Durch die völlige Herabsetzung dieses natürlichen Talents durch einen Gesangslehrer, der keine Ahnung hatte, versuchte ich in seinem Sinne alles neu zu lernen.

Das Ergebnis war, dass ich rein Kopf gesteuert, aber mit falschen Informationen, etwas zu tun versuchte, was mit Singen nichts mehr zu tun hatte.

Schrecklicher Gesang trotz jahrelangen Gesangsunterrichts?

Kennst Du auch Leute, die schon jahrelang Gesangsunterricht nehmen, aber dennoch so schrecklich singen, dass es Dir die Fußnägel hoch rollt?

Falls Du selbst zu diesen Leuten gehörst – wie auch ich einmal – bedarf es eines sehr großen Mutes diese Tatsache erst mal anzuerkennen.

Wenn Dir das aber gelingt und du umgehend Gegenmaßnahmen ergreifst, sprich, Deinen Gesangslehrer wechselst, und erst dann wieder singst, wenn Du eine sehr genaue Vorstellung davon hast, was Singen eigentlich ist, wirst du sehr viel Zeit und Nerven sparen.

Selbsterkenntnis ist der erste Weg …

Die Grundvoraussetzung für eine solche Selbsterkenntnis ist allerdings, dass Du eine optimale Aufnahme von Deinem Gesang machst, damit du genau hörst, wo du stehst und nichts auf die Aufnahmequalität schieben kannst. Diese Möglichkeit hat heute jeder für geringes Budget und einen gewissen (aber nicht unerheblichen) Lerneinsatz. Alternativ geh einfach in ein (gutes) Tonstudio.

Völlig sinnlos ist, sich auf die Urteile von anderen zu verlassen, weil die meisten Zeitgenossen sowieso keine Ahnung haben und Dir ohnehin jeder etwas anderes erzählt. Nur du alleine bist für deine sängerische Entwicklung verantwortlich!

Der grosse Blonde mit dem hohen Potential

Ich kannte einen hoch gewachsenen, blonden, gut aussehenden jungen Tenor mit einem sehr gutem Stimmmaterial, der der ideale Wagner-Siegfried hätte werden können.

Wenn er aber zum Singen den Mund auftat, verzog sich sein Gesicht zu einer Grimasse und ein scheußliches Tremolo, verbunden mit einer viel zu tiefen Intonation trat daraus hervor.

Sein Problem – und das so vieler Anderer

Der einzige Grund für dieses Übel: Er hatte eine völlig falsche Vorstellung davon, was Singen eigentlich ist. Das Hauptproblem war, dass er dachte, er müsse lauter singen als es nötig war. Ein Problem so vieler Sänger, vor allem Opernsänger.

Solange Du keine genaue Vorstellung davon hast, wo Dein Piano, Dein Mezzoforte und dein Forte sind, hast du ein erstes Problem.

Intonations-Probleme??? Ich doch nicht!

Das zweite Problem dieses Sängers war, dass er seiner Intonation zu wenig Beachtung schenkte – ein weiteres Hauptproblem vieler Sänger.

Intonation ist und bleibt immer ein Problem für jeden Sänger! Wer sich nicht aktiv und ständig kontrolliert, wird immer wieder unsauber intonieren oder, um es direkter auszudrücken: Er wird falsch singen!

Der Unmusikalische mit der Weltklasse-Stimme

Ich kannte einen Bass, der hatte eine Bomben-Stimme. Dunkel, voluminös und laut. Weltklasse! Wenn er sang, klang es auch – oberflächlich betrachtet – durchaus gut und eindrucksvoll.

Leider war es ihm mangels Musikalität aber nicht möglich, wirklich genau zu intonieren, so dass er nie wirklich gut singen konnte. Auch war er völlig unrhythmisch und konnte auch bei noch so häufiger Wiederholung selbst einfache Rhythmen nicht exakt wiedergeben.

Mozart-Konzert der dritten Art

Ich war auf einem Mozart Konzert in einer kleinen Stadthalle. Die Sopranistin hatte zwar eine sehr schöne Mozart-Perücke auf und schien sich sichtlich wohl in ihrer Rolle als “ausgebildete Sängerin” zu fühlen – was aber aus ihrem Halse trat, war derart abscheulich, dass sich alles in mir zusammen zog.

Es stimmte nichts: Weder die Stimmgebung, noch der Versuch ihrer Interpretation, noch die Intonation. Alles war forciert, verkrampft und falsch.

Noch ein tragischer Fall

In meinem Studio war eine Frau, die wollte einen einfachen Pop Song aufnehmen. In bequemer Lage und stimmlich anspruchslos. Keine komplizierte Melodie, keine hohen Töne. Sie brüstete sich damit, ausgebildete Sängerin zu sein. Dennoch machte sie alles falsch, was nur ging.

Als ich ihr nach zweistündiger Aufnahmetortur sagte, dass es nicht möglich sein würde, eine professionelle Aufnahme hinzubekommen, auch nicht mit Autotuning oder beliebiger Wiederholung der Aufnahme, wurde sie böse. Schließlich hatte sie jahrelang teuren Gesangsunterricht bezahlt und war stolz auf ihre Ausbildung.

Ich war froh, als ich sie endlich mit ihrer Lebenslüge zurück in die Freiheit entlassen konnte und wieder meine Ruhe hatte. Ich bin sicher: Sie trägt ihr Geld noch immer zum selben Gesangslehrer und betrügt sich selbst.

Das andere Extrem

Wir haben also einerseits Leute, die sich völlig selbst überschätzen und keinerlei Vorstellung davon haben, auf welchem Stand sie tatsächlich sind.

Andererseits gibt es aber auch Leute, die eigentlich alles haben, was man braucht, aber nicht genug Selbstbewusstsein mitbringen und sich durch übertriebene Selbstkritik ausbremsen.

Fazit – Diese 3 Dinge musst Du wissen

Zu welcher Gruppe Du auch gehören magst, es gilt doch das Eine, wie ganz allgemein im Leben: Wenn Du ein Resultat erzielen willst, musst Du 3 Dinge kennen

  1. Deinen Standort   2. den Weg   3. das Ziel.

Beginne also bei Deinem Standort und sei ehrlich mit Dir selbst!

Was meinst Du dazu? Schreib einen Kommentar!

Artikel vom 23.1.2015, 7:55